Warum es schwer ist, mit ü50 einen Job zu finden

Über 50-Jährige sind die Problemgruppe auf dem Arbeitsmarkt. Wer in diesem Alter seinen Job verliert, hat es besonders schwer, einen neuen zu finden.
Warum es schwer ist, mit ü50 einen Job zu finden
Gerade 50plus-Kadermitarbeiter lassen sich zu lange Zeit mit der Suche nach einem neuen Job.

Sachliche Gründe dafür gibt es kaum, schreibt Rosemarie Schwaiger auf «Profil.at».

Nicht jede Absage ist gleich schlimm, es gibt durchaus Unterschiede. An den Standardbrief mit dem Satz "Wir haben uns nicht gegen Sie, sondern für einen anderen Bewerber entschieden", hat sich Andrea Schwendenwein schon gewöhnt.

Auf manche Anfragen kommt überhaupt keine Antwort. Das sei zwar die Ausnahme, ärgere sie aber trotzdem jedes Mal, sagt sie. Am meisten aufgeregt hat sie sich über das Online-Bewerbungsformular eines Reinigungsunternehmens: "Ich hab alles brav ausgefüllt, und als ich auf 'Senden' drücke, kommt die Meldung: 'Geburtsdatum ist zu früh.' Schon eine ziemliche Frechheit, oder?"

Andrea Schwendenwein hat Floristik gelernt, wechselte nach ein paar Berufsjahren in das Büro eines Grosshandels und arbeitete zuletzt 16 Jahre lang für Baumax, wo sie unter anderem mit Einkauf und Warendisposition beschäftigt war. Dann geriet die Baumarktkette in wirtschaftliche Schwierigkeiten und wurde zerschlagen.

Im September 2015 verlor Schwendenwein ihren Job. Seither hat sie rund 270 Bewerbungen geschrieben und nur Absagen kassiert. Die Frau hat ein Handicap, das schwerer wiegt als ihre unbestrittenen Fachkenntnisse und der lückenlose Lebenslauf: Sie ist 53 Jahre alt.

«Ich sitze jetzt seit eineinhalb Jahren zu Hause. Wertvoller werd ich davon nicht.»

An manchen Tagen schlage ihr die Situation aufs Gemüt, gibt Schwendenwein zu: "Aber dann denke ich mir, die Jungen haben es heutzutage ja auch nicht leicht." Zum Klischee von der deprimierten Arbeitslosen, die sich gehen lässt und ganze Tage in der Jogginghose auf dem Sofa verbummelt, passt die agile Wienerin sowieso nicht.

Schwendenwein kämpft weiter. Dass sie auch im besten Fall Abstriche wird machen müssen, ist ihr klar. "Ich sitze jetzt seit eineinhalb Jahren zu Hause. Wertvoller werd ich davon nicht." Alter kann eine sehr relative Masseinheit sein.

Christian Kern, 51, gilt als vergleichsweise junger Regierungschef. Wird ein Mittfünfziger Vorstandsvorsitzender in einem ATX-Konzern, geht das in vielen Fällen als Generationswechsel durch. Auf dem ganz normalen Arbeitsmarkt stehen dagegen schon 45-Jährige im Verdacht, für die guten Jobs nicht mehr ausreichend rüstig zu sein.

Ab 50 wird es immer schwerer, die Personalchefs zu überzeugen.

Das Methusalem-Komplott

Fast ein Viertel der rund 500'000 Österreicher, die im Jänner als arbeitslos gemeldet waren, gehört zur sogenannten Generation 50 plus. Die Arbeitslosenquote in diesem Segment ist zuletzt wieder um sieben Prozent gestiegen; zugleich steigt aber auch die Zahl der Beschäftigten in dieser Altersgruppe seit Jahren stark.

Offenbar sind die vermeintlichen Methusalems durchaus noch fit genug, sich täglich in die Firma zu schleppen - sofern sie einen Arbeitsplatz haben. Lediglich die Suche nach einem neuen Posten empfiehlt sich nicht; dabei können einem in der Tat graue Haare wachsen.

Als "Instant Aging" hat die Unternehmensberaterin Irene Kloimüller diesen Prozess in einer Studie für das Arbeitsmarktservice (AMS) einmal beschrieben. "Wenn ich meinen Job verliere, bin ich innerhalb von fünf Minuten um 20 Jahre gealtert." Diese Praxis ist aus Sicht der Volkswirtschaft ein ernsthaftes Problem. Noch nie gab es so viele 50-bis 60-Jährige wie heute.

Die "Babyboomer" sind eine zu grosse Gruppe, um lange vor der Zeit wie Greise behandelt zu werden. Schon seit ein paar Jahren versucht die Politik, diese Praxis zu ändern. Auch das aktuelle, vor Kurzem runderneuerte Regierungsprogramm sieht wieder ein paar Massnahmen für diese Zielgruppe vor.

Unter anderem soll der Kündigungsschutz für neu eingestellte Arbeitnehmer gelockert werden. Ausserdem ist geplant, 20'000 Jobs für Ältere im gemeinnützigen Bereich zu schaffen. AMS-Vorstand Johannes Kopf hält beides für vorstellbar - sofern die Umsetzung funktioniert.

"Bei der Aktion 20'000 wird die Frage sein, wo man genug sinnvolle Tätigkeiten findet, die bisher nicht gemacht wurden. Da brauchen wir die Ideen und den Organisationswillen der Gemeinden." Der gelockerte Kündigungsschutz müsse sehr gut kommuniziert werden, meint der Experte, sonst würden sich die Korrekturen nicht herumsprechen.

Besonders im Arbeitsrecht halten sich falsche Rechtsmeinungen gelegentlich sehr lang, sagt Kopf: "Zum Beispiel glauben die meisten Österreicher, dass man im Krankenstand nicht gekündigt werden kann. Das stimmt aber seit 1945 nicht mehr." So rigoros, wie manche glauben, ist der Kündigungsschutz für Ältere übrigens schon jetzt nicht.

Abbau diverser Barrieren im Kopf

Wichtiger als neue Förderungen oder Gesetze wäre der Abbau diverser Barrieren im Kopf, und zwar bei sämtlichen Beteiligten. Beim AMS kennt man 40-Jährige, die sich mit Händen und Füssen gegen eine Umschulung wehren, weil sich das "eh nicht mehr auszahlt".

Daneben gibt es Unternehmer, die ältere Jobanwärter grundsätzlich in der Rubrik "nix als Zores" abgespeichert haben. In Österreich wuchern einschlägige Vorurteile auch deshalb so üppig, weil lange kaum die Notwendigkeit bestand, deren Wahrheitsgehalt zu überprüfen.

Beruflich ins Straucheln geratene Best Ager konnten mehrheitlich darauf vertrauen, ein warmes Nest in der Frühpension zu ergattern. Viele Arbeitgeber und Arbeitnehmer haben diese Automatik verinnerlicht. "Wegen unserer Frühpensionskultur gibt es zu wenige Erfahrungen mit älteren Arbeitssuchenden", meint Hedwig Lutz vom Wirtschaftsforschungsinstitut.

Der Sog in Richtung Rente sei so stark gewesen, dass es vor ein paar Jahren noch als ganz normal galt, wenn Frauen schon mit 52 die Altersteilzeit antraten.


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