Hanf: Wissenswertes zur medizinischen Verwendung

Cannabis ist die lateinische Bezeichnung für Hanf. Ein Begriff, der viele Menschen zunächst vor allem an Rauschmittel denken lässt.
Hanf ist eine der ältesten Nutzpflanzen und liefert viele gesundheitsfördernde Inhaltsstoffe.
Hanf ist eine der ältesten Nutzpflanzen und liefert viele gesundheitsfördernde Inhaltsstoffe. (Bild: „futurefilmworks“ /pixabay.com)

Dabei ist Cannabis weitaus mehr als das.Die Pflanzengattung aus der Familie der Cannabaceae (Hanfgewächse) liefert Substanzen, die zum Teil bei schwerwiegenden Erkrankungen Verwendung finden. Nachdem das Gesetz „Cannabis als Medizin“ am 10. März 2017 in Kraft getreten ist, befindet sich das Image der Pflanze erneut im Wandel. Seither regelt das Gesetz den Einsatz von medizinischem Cannabis in Einzelfällen für schwer Erkrankte auf ärztliche Verschreibung. Die Cannabisarzneimittel werden durch Apotheken in kontrollierter Qualität verkauft.

750 chemische Stoffe

Die Wissenschaft lässt darauf schliessen, dass der Mensch bereits in der Jungsteinzeit Hanf kultiviert hat. Unter anderem wurden die Samen zum Verzehr und die robusten Fasern vielfältig genutzt. Schriften aus China deuten darauf hin, dass Hanf bereits mehrere Jahrhunderte v. Chr. zur Behandlung von Rheuma diente. Rund 750 chemische Stoffe wurden in Cannabis nachgewiesen. Eine der wichtigsten Substanzen sind die sogenannten Cannabinoide. Während Endocannabinoide körpereigen sind, handelt es sich bei Cannabinoiden um Stoffe, die vorwiegend in Hanfpflanzen vorkommen.

THC und CBD – weitreichende Wirkweisen

Zu den bekanntesten Cannabinoiden zählen Tetrahydrocannabinol (THC) und Cannabidiol (CBD). Während THC psychoaktiv wirkt und Rauschzustände hervorrufen kann, hat CBD keine berauschende Wirkung. Für die medizinische Verwendung werden grösstenteils hybride Hanfarten von „Cannabis sativa“ und „Cannabis indica“ genutzt. „Beide Cannabis-Arten weisen unterschiedliche Gehalte an THC und CBD auf und sind daher für unterschiedliche Indikationen geeignet“, heisst es im Fachbereich der Internetpräsenz zur Hohenzollern Apotheke (Münster) über medizinisches Cannabis. „Je nach Krankheitsbild und Behandlungsziel entscheiden die behandelnden Ärzt:innen, welche Sorte für die jeweilige Therapie am besten eingesetzt werden kann.“

Generell reichen die medizinischen Anwendungsgebiete von Spastiken und kindlichen Epilepsiearten über Appetitlosigkeit und Übelkeit bis hin zu Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitäts-Störungen (ADHS), Demenz und Multiple Sklerose (MS). THC wird beispielsweise als schmerzlinderndes und spastikminderndes Mittel eingesetzt – CBD wiederum als Entzündungshemmer und Krampf- sowie Angstlöser.

Interaktion mit dem Endocannabinoid-System

Die umfangreiche pharmakologische Wirkung von Hanf geht auf den Einfluss der Cannabinoide auf das körpereigene Endocannabinoid-System zurück. Dieses System ist Teil des Nervensystems und wurde Dank der Forschung an Cannabinoiden überhaupt erst entdeckt. Cannabinoide aktiveren die Rezeptoren innerhalb des Endocannabinoid-Systems. Beschrieben sind bisher der Cannabinoid-Rezeptor 1 und 2 – kurz CB1 und CB2. CB1 ist zum Beispiel im Gehirn und Rückenmark vertreten, CB2 wiederum in Immunzellen. Dennoch kommen die Rezeptortypen fast im kompletten Organismus vor.

Laut dem „Cannabis-Gesetz“ dürfen Cannabisarzneimittel verschrieben werden, wenn keine alternative Therapiemöglichkeit vorliegt. „Zum Beispiel in der Schmerztherapie bei chronischen Erkrankungen, oder wenn im Verlauf einer Krebsbehandlung mit Chemotherapie schwere Appetitlosigkeit und Übelkeit auftreten, können Cannabisarzneimittel sinnvoll zur Linderung der Beschwerden eingesetzt werden“, erklärt das Bundesministerium für Gesundheit online im Fragen-Antworten-Bereich zum Gesetz Cannabis als Medizin. Sind alle Voraussetzungen gegeben, übernehmen die Krankenkassen die Kosten für die Cannabis-Therapie.

Neumünster: Grösste legale Plantage

Der Anbau von medizinischem Cannabis wird streng kontrolliert. Die erste und grösste legale Plantage Deutschlands befindet sich in Neumünster und wurde im Juli 2021 in Betrieb genommen. Die Anlage ist vom Bund zertifiziert und wirkt wie ein Hochsicherheitstrakt – bestens geschützt und überwacht. Hautpanwendungsgebiet des Cannabis für medizinische Zwecke sind chronische Schmerzen. Hinzu kommen Anwendungen in den Bereichen Onkologie, Palliativ und psychische Erkrankungen sowie Infektionen.

Ob Cannabis künftig auch für den Freizeitkonsum legalisiert wird, bleibt abzuwarten. Die Legalisierung wird von Teilen der Ampelkoalition zwar angestrebt, Einigkeit herrscht dahingehend aber noch nicht. Bislang sind viele Fragen offen. Sowohl der THC-Gehalt als auch Preise, Lieferketten und die Verkaufsstellen gilt es zu klären. Während Justizminister Marco Buschmann (FDP) die Legalisierung bereits im Frühjahr 2023 realisiert sieht, geht SPD-Politiker Dirk Heidenblut von frühestens 2024 aus.


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