Gerne auch Liebesfilme für Senioren

Jeder fünfte Kinobesucher und jede Kinobescherin ist mittlerweile älter als 50 Jahre. Vor allem Frauen sehen sich die Filme gerne in Gemeinschaft an.
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50plus nutzen das mediale Angebot doppelt so intensiv wie die Vorgängergeneration (Bild: Shutterstock)

Für die Medienindustrie sind die 50plus folgerichtig die neue Kernzielgruppe, schreibt Medienwissenschaftler Lothar Mikos auf "pnn.de".

Die sogenannten "Best Ager" sind die neue Kernzielgruppe für Freizeitaktivitäten. Das zeigt sich insbesondere auch im Kino, wo ein stetiger Anstieg der Besucherzahlen in der Gruppe der über 50-Jährigen zu verzeichnen ist.

Bereits 2007 hatte eine Studie des Erich Pommer Instituts, die unter der Leitung von Klaus Keil entstand, diesen Trend aufgezeigt. Bis heute ist er ungebrochen. So hat sich der Anteil dieser Altersgruppe an den Kinozuschauern insgesamt von zehn Prozent im Jahr 2002 auf 19 Prozent im Jahr 2011 fast verdoppelt.

Mit anderen Worten: Jeder fünfte Kinobesucher ist mittlerweile älter als 50 Jahre. Vor allem ältere Frauen gehen ins Kino: Bei den 50- bis 59-Jährigen sind es 55 Prozent und bei den über 60-Jährigen sogar 65 Prozent. Wie andere Disziplinen befasst sich auch die Medienforschung seit Längerem mit dem demografischen Wandel.

2007 untersuchte das Erich Pommer Institut für Medienrecht, Medienwirtschaft und Medienforschung (EPI), ein An-Institut der Potsdamer Hochschule für Film und Fernsehen "Konrad Wolf" (HFF), die Auswirkungen des demografischen Wandels auf die Filmwirtschaft in Deutschland.

Auch an der HFF selbst wurden seitdem mehrere Studien zur Mediennutzung in unterschiedlichen Generationen und zur Medienausstattung und dem Mediengebrauch älterer Menschen durchgeführt. Dass sich in den Untersuchungen ein Wandel beim Publikum abzeichnet, darauf ist die Mehrheit der Kinos allerdings noch nicht eingestellt.

So wurde bereits in der EPI-Studie eine Verbesserung der Serviceleistungen für dieses Publikum angemahnt - von zielgruppengerechten Konsumangeboten bis hin zur Bereitstellung von ausreichend Parkplätzen in unmittelbarer Kinonähe. Doch nicht nur guter Service ist in dieser Zielgruppe gefragt, auch das Filmangebot muss stärker auf das ältere Kinopublikum zugeschnitten werden.

Auch wenn in den vergangenen Jahren mit "Wolke 9" von Andreas Dresen oder "Liebe" von Michael Haneke Filme mit Senioren als Protagonisten in die Kinos kamen, erfreuen sich auch andere Genres grosser Beliebtheit, etwa "The King's Speech" von Tom Hooper oder "Almanya - Willkommen in Deutschland" von Yasemin Samdereli, bei dem der Anteil der über 50-jährigen Besucher bei 51 Prozent lag.

In der EPI-Studie aus dem Jahr 2007 heisst es dagegen bereits, dass vor allem bei Frauen über 50 deutsche Liebesfilme sehr beliebt seien. Die demografische Entwicklung führt dazu, dass immer mehr ältere Menschen immer mehr Medien nutzen, wie Studien an der HFF gezeigt haben. Wer in seiner Jugend viel ins Kino gegangen ist, möchte auch im Alter vor der Leinwand sitzen.

Wer in den 1980er- und 1990er-Jahren Computerspiele gespielt hat, wird dies auch noch im Alter tun - und die erste Generation der Computerspieler ist inzwischen auch nicht mehr weit von der 50er-Schallmauer entfernt.

Auch wenn die Online-Welt vielen älteren Menschen noch fremd ist, nimmt die Zahl der sogenannten "Offliner" stetig ab. Erst kürzlich verkündete Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU), dass immer mehr ältere Menschen online gehen. Sie bezog sich dabei auf die Studie "(N)Onliner Atlas" der Initiative D21: Gemeinsam für die digitale Gesellschaft.

Danach waren im Jahr 2013 zwar nur 30,2 Prozent der über 70-Jährigen online, doch bei den 60- bis 69-Jährigen lag der Anteil mehr als doppelt so hoch, bei 63,7 Prozent. Und selbst die 50 bis 59-Jährigen, die zu 78,8 Prozent online waren, sind nicht mehr weit vom Rentenalter entfernt.

Dabei nimmt auch die mobile Online-Nutzung über Smartphones und Laptops zu. Schon jetzt wird davon ausgegangen, dass die "Alten" heute viel aktiver und sportlicher sind als noch vor 20 Jahren. So wird es nicht mehr lange dauern, dann sind die über 65-Jährigen auch wesentlich "medienaktiver" als die Vorgängergeneration.

Das trifft dann auf alle Medien zu, vom Kino über das Fernsehen - das auf verschiedenen Wegen empfangen wird - bis hin zur Online-Nutzung von Zeitungen und Zeitschriften. Die Medienindustrie reagiert jedoch nur verhalten auf diesen Wandel und auch in der Werbewirtschaft setzt nur langsam ein Umdenken ein.

Doch Medien und Werbung werden vom demografischen Wandel eingeholt, vor allem von den medienaktiven älteren Menschen. Immerhin hat im vergangenen Jahr die Werbevermarktungsfirma des Fernsehsenders RTL, IP Deutschland, angekündigt, künftig die Zielgruppe der 20- bis 59-Jährigen zu definieren statt wie bisher die 19- bis 49-Jährigen.


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