KRIMINALITÄT
«Heidi, ich brauch schnell 45’000 Fränkli»
Die Zürcherin schaltete schnell und lockte die Betrüger in die Falle, schreibt Lea Gnos im «Blick».
Den 17. Januar 2017 wird Heidi Z.* (85) so schnell nicht vergessen. Eine Frauenstimme meldet sich um 10.30 Uhr am Telefon bei der alleinstehenden Dame aus dem Kanton Zürich. "Hallo, wie gehts?", sagt sie in sauberem Hochdeutsch.
"Wer ist denn dran, bist du es, Hannelore!?", fragt die Rentnerin zurück. Denn: Sie vermutet ihre Cousine aus Deutschland am Telefon, mit der sie länger keinen Kontakt hatte. Die Frauenstimme antwortet: "Genau, du hast 100 Punkte! Ich bin es, die Hannelore!"
Aber: Am anderen Ende der Leitung ist nicht Hannelore, sondern eine Betrügerin, die in einem Callcenter in Polen sitzt. Sie wählte Heidis Namen aus dem Telefonbuch, weil er schön altmodisch klingt.
Am Telefon jammert sie: "Heidi, ich brauche schnell 45'000 Fränkli für ein Kunstwerk, das ich in Basel an einer Ausstellung gesehen habe. Leider habe ich nur Euro dabei und kann nicht wechseln."
Heidi Z. erinnert sich: "Sie sagte, ich bekäme es am nächsten Tag wieder." Die Betrügerin verspricht, gleich nochmals anzurufen und legt auf. Doch Heidi Z. wird stutzig. "Hannelore würde nie sagen, du hast 100 Punkte!"
Die Rentnerin ruft die Polizei an und stellt den Betrügern eine Falle: Sie geht zum Schein auf den Deal ein.
Die Betrügerin weint bittere Krokodilstränen
Sie teilt der Betrügerin am Telefon aber mit, dass sie ihr nicht mehr als 17'000 Franken geben könne: "Da weinte sie bittere Krokodilstränen. Auch wollte sie mich mit Charme um den Finger wickeln und sagte, sie komme jetzt gleich vorbei mit einem Kuchen."
Immer wieder ruft die Polin auf dem Festnetz an diesem Tag an, übt immer mehr Druck aus. Zeitgleich kommuniziert die Rentnerin über das Handy mit der Polizei.
"Die Frau verbot mir, mit jemandem über das Geldproblem zu sprechen, weil sie sich schäme. Als mein Handy klingelte, sagte ich ihr, dass sei mein Wecker.
Ich war erstaunt, dass auch ich so lügen konnte", sagt die ehemalige Hausangestellte. Am Nachmittag gibt sich die Gaunerin mit 17'000 Franken zufrieden: "Sie sagte, sie habe das Problem lösen können und sei nun bei einem Anwalt.
Eine Kollegin namens Rosa komme gleich vorbei, um das Geld abzuholen."
Die Polin fährt mit dem Taxi vor, um das Geld zu holen
Es beginnen bange Minuten. In einem Kuvert soll sie Rosa das Geld übergeben. "Als es klingelte, ging ich hinunter vors Haus. Natürlich hatte ich kein Geld dabei."
Die angebliche Kollegin war extra mit einem Taxi vorgefahren. Sie weiss nicht, dass sich Polizeifahnder versteckt haben. Als sich die Frau als Rosa vorstellt, klicken die Handschellen.
Morgen findet am Bezirksgericht Bülach das Verfahren gegen Rosa statt, die eigentlich M. E. heisst. Sie sitzt im vorzeitigen Strafvollzug. Gegen das Enkeltrick-Callcenter in Polen vorzugehen, wird für die Schweizer Behörden schwierig.
Heidi Z.: "Ich hoffe, dass denen das Handwerk gelegt wird. Leider sind es oft auch einsame Menschen, die ausgenutzt werden."
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