Wenn kein Testament vorhanden ist

Diejenigen, die durch die gesetzliche Erbfolge zunächst vom Erbe begünstigt werden, sind Ehegatten und eingetragene Lebenspartner, die Kinder und die Enkel.
Wann lohnt sich ein Testament?
Wann lohnt sich ein Testament? – (Bild von Mohamed Hassan auf Pixabay)

Um ein Erbe individuell aufzuteilen und auch um eventuell entstehende Streitigkeiten unter den potenzielle Erben zu vermeiden, dient das Testament als bewährtes und beliebtes Instrument der umfassenden Nachlassregelung. Doch leider ist dieses nicht grundsätzlich vorhanden. Denn der eigene Tod gilt nach wie vor als Tabuthema, sodass die Auseinanderersetzung mit Themen wie dem Testament gescheut wird.

Doch wie wird der Nachlass denn eigentlich geregelt, wenn der Erblasser oder die Erblasserin kein Testament verfasst hat? Dieser Beitrag beschreibt, wie die gesetzliche Erbfolge umgesetzt ist und wieso es ratsam ist,das eigene Erbe frühzeitig zu regeln.

Was versteht man unter dem Begriff “gesetzliche Erbfolge”?

Tritt der Erbfall ein, ohne dass ein Testament geschrieben wurde, gilt als Konsequenz die gesetzliche Erbfolge. Dies regelt das Erbrecht, das das 5. Buch des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) umfasst. Ist kein Testament vorhanden, agiert das Nachlassgericht ganz nach den dortigen Bestimmungen. Ob man erbt, hängt vom Grad der Verwandtschaft oder Partnerschaft ab, die zwischen dem Erblasser und einem Erben bestand.

Das bedeutet, dass Ehepartner, Kinder, Verwandte, aber auch der Partner oder die Partnerin aus einer eingetragenen Lebenspartnerschaft mögliche Erben sind. Das bedeutet aber auch, dass eventuell der beste Freund oder der Tierschutzverein trotz Zusage nicht das Erbe erhalten, wenn diesbezüglich keine testamentarische Vorgaben vorhanden sind. Es ist also ratsam, dies umzusetzen, wenn man etwas ausserhalb der gesetzlichen Erbfolge vererben möchte.

Die Grundlagen der gesetzlichen Erbfolge

Das Erbrecht ist Teil des BGB. Das fünfte Buch des BGB umfasst die einschlägigen Bestimmungen, die die Erbschaft regeln, wenn kein Testament verfasst wurde. Weil ausser den Partnern ausschliesslich Verwandte, aber nicht Verschwägerte erbberechtigt sind, spricht man auch vom Verwandtenerbrecht, das die Bestimmungen der Bundesrepublik Deutschland kennzeichnet. Das Erbrecht definiert sowohl die Personen, die per Gesetz grundsätzlich erben dürfen (wenn kein Testament vorhanden ist) als auch die Reihenfolge dieser Berechtigung und des verbundenen Anspruchs.

Weil die Reihenfolge, nach der geerbt wird, per Gesetz definiert wird, spricht man von der gesetzlichen Erbfolge. Diese wird durch die Kategorisierung nach der Ordnung vorgenommen - also Erben 1. Ordnung, Erben 2. Ordnung und so weiter.

Dies regeln die folgenden Paragrafen des BGB / 5. Buch:

§ 1924 Gesetzliche Erben erster Ordnung

§ 1925 Gesetzliche Erben zweiter Ordnung

§ 1926 Gesetzliche Erben dritter Ordnung

§ 1927 Mehrere Erbteile bei mehrfacher Verwandtschaft

§ 1928 Gesetzliche Erben vierter Ordnung

§ 1929 Fernere Ordnungen

Wer erbt nach der gesetzlichen Erbfolge?

Diejenigen, die durch die gesetzliche Erbfolge zunächst vom Erbe begünstigt werden, sind Ehegatten und eingetragene Lebenspartner, die Kinder und die Enkel. Verheiratete Partner erhalten normalerweise 50 Prozent des Erbes, die anderen Erben der ersten Ordnung bekommen die andere Hälfte. Der Anteil des Partners hängt jedoch auch vom Güterstand ab. Wenn keine andere Vereinbarung erfolgte, gilt Zugewinngemeinschaft. Sollte Gütertrennung vorherrschen, erbt der Partner nicht zwingend die Hälfte, aber mindestens den Betrag, den auch die Kinder erhalten. Zwischen ehelichen, nichtehelichen und adoptierten Kindern wird durch die gesetzliche Erbfolge nicht unterschieden.

Nach dem Partner und den Kindern beziehungsweise Enkeln ordnet das Gesetz die Eltern und Geschwister - auch deren Kinder -  des Verstorbenen ein. Danach folgen Grosseltern, Onkel und Tanten, Cousins und Cousinen, danach Grossonkel und Grosstanten. Sind keine Nachkommen vorhanden, erbt der Staat.  

Sonderfälle der gesetzlichen Erbfolge

Das Erbrecht beinhaltet die  Ansprüche von Ehegatten und Partnerinnen und Partner aus eingetragenen Lebensgemeinschaften, aber nicht diejenigen Beziehungen, die als nichteheliche Lebensgemeinschaften geführt werden. Das bedeutet, dass auch nach einer jahrzehntelangen Partnerschaft ohne Ehe oder Eintragung kein Erbanspruch besteht. Durch ein Testament vermeiden Sie das.

Auch wenn der Erblasser Erben nach der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen hat, erhalten diese den sogenannten Pflichtteil. Sollten diese Erben Pflegeleistungen erbracht haben, erhöht das diesen Pflichtteil unter Umständen, wie Paragraf 2057a BGB regelt:

§ 2057a Ausgleichungspflicht bei besonderen Leistungen eines Abkömmlings

(1) Ein Abkömmling, der durch Mitarbeit im Haushalt, Beruf oder Geschäft des Erblassers während längerer Zeit, durch erhebliche Geldleistungen oder in anderer Weise in besonderem Masse dazu beigetragen hat, dass das Vermögen des Erblassers erhalten oder vermehrt wurde, kann bei der Auseinandersetzung eine Ausgleichung unter den Abkömmlingen verlangen, die mit ihm als gesetzliche Erben zur Erbfolge gelangen;

Auch rund um die modernen Patchwork-Familien sollten Sie den Nachlass durch ein exaktes Testament wählen. Denn sowohl uneheliche Partner als auch nicht-eheliche Kinder (falls diese nicht adoptiert sind), sind nicht erbberechtigt.

Das Verfahren nach dem Erbfall

Ist ein Erbfall eingetreten, erfolgt die Feststellung der Erben durch das sogenannte Nachlassgericht - das Amtsgericht der jeweiligen Stadt oder Gemeinde. Idealerweise haben Erblasser ein Testament geschrieben und dem Amtsgericht verfügbar gemacht. Wenn nicht ermittelt das Gericht die Erben und informiert diese durch das Zusenden des sogenannten Erbscheins. Vermeintliche Erbinnen und Erben können diesen Erbschein auch beantragen.

Die wichtigste Frist rund um den Erbfall stellt diejenige dar, die das Annehmen beziehungsweise Ausschlagen der Erbschaft betrifft. Weil Sie durch ein Erbe auch Schulden erben könnten, ist es das A und O, den Bestand des Erbes genau zu prüfen, um sicherzustellen, ob Sie dieses Erbe annehmen möchten. Das Erbrecht setzt dafür sechs Wochen als Frist fest.

Häufige Missverständnisse und Fehler vermeiden

Gerade die Annahme, dass man grundsätzlich Positives aus dem Erbe erhält, gilt als einer der typischen Irrtümer rund um das Erbrecht - und als unangenehmer Fallstrick bezüglich des Annehmens der Erbschaft. Doch auch die Ausschlagung einer Erbschaft könnte negative Folgen haben, wenn man irrtümlicherweise keinen Besitz vermutet. Auch mündliche Zusagen eines Erblassers sollten man konsequent prüfen, ehe man das Erbe tatsächlich annimmt oder ausschlägt.

Bedeutung einer testamentarischen Verfügung

Der Vergleich zwischen gesetzlicher Erbfolge und testamentarischer Regelung zeigt also deutlich, dass das Testament als flexible Bestimmung gilt, die der Erblasser individuell vornimmt, während die gesetzliche Erbfolge schematisch nach den Ordnungskriterien vorgeht. Ein klar und rechtsgültiges Testaments verteilt das Erbe - den Pflichtteil ausgenommen - nach Bedarf des Erblassers und vermeidet durch exaktes Formulieren auch Streit.

Das Fazit: Gegenüber der gesetzlichen Erbfolge ist ein Testament individuell verfasst. Es berücksichtigt auch Personen, die nach dem Gesetz nicht erben würden. Etwa das nicht-eheliche Kind aus erster Ehe des Partners oder der Partnerin . Oder Partner ohne Ehe oder Eintragung der Partnerschaft. Auch ohne Partner und Kinder lohnt das Testament. Wenn man nicht möchte, dass das Erbe dem Staat zufällt, begünstigt man den Tierschutzverein oder die Tafel. Regeln Sie diese Dinge frühzeitig.


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