Autotrend
Die Hoffnung der Autoindustrie: Silver Ager
Dass das Auto auch Senioren gefallen könnte, bemerkt man erst beim Einsteigen. Denn in die Sitze sinkt man nicht tief hinab, sondern sitzt aufrecht – wie es ältere Menschen mögen, schreibt Andre Tauber auf «Welt.de». Zwar wirbt BMW für das Fahrzeug mit jungen Familien, trotzdem ist es auch für "Silver Ager" gedacht. So nennen Werber Kunden mit grauem Haar und ungebrochener Lust, sich etwas zu gönnen.
An sie müssen Unternehmen zunehmend denken, denn die Gesellschaft altert rapide. Im Jahr 2030 werden Prognosen zufolge 17 Prozent weniger Kinder und Jugendliche als heute in Deutschland leben und 33 Prozent mehr Menschen über 65 Jahren. Doch nicht alle Firmen bereiten sich darauf vor. Viele verharrten in einer Abwartehaltung, klagt das Beratungsunternehmen PricewaterhouseCoopers (PWC) in einer Studie, die der "Welt am Sonntag" vorliegt.
"Unternehmen wissen zwar, dass Auswirkungen des demografischen Wandels auf sie zukommen", sagt Michael Burkhart, Partner bei PWC. "Welche genau können sie aber noch nicht einschätzen. Also ziehen sie sich auf einen Beobachterposten zurück." Dabei wird die Gesellschaft nicht nur älter, sondern sie schrumpft auch. Während die Bevölkerungszahl bis zum Jahr 2020 relativ stabil bei etwa 82 Millionen Einwohnern bleiben dürfte, droht sie bis 2050 um bis zu 15 Millionen Personen abzunehmen, warnt das Institut für Regionalentwicklung und Strukturplanung.
Dennoch glaubt mehr als die Hälfte der befragten Unternehmen, dass die alternde und schrumpfende Bevölkerung keine Auswirkung auf ihr Geschäftsmodell haben wird. Das ist das ernüchternde Ergebnis der PWC-Umfrage unter 211 Personalverantwortlichen. Viele der Manager erwarten sogar, von der Entwicklung profitieren zu können.
Elf Prozent gehen davon aus, dass durch den demografischen Wandel die Nachfrage nach ihren Produkten zunimmt. Nur fünf Prozent fürchten eine sinkende Nachfrage. Dass die Unternehmen nicht in Panik verfallen, kann auch daran liegen, dass Firmenstrategien meist nicht weiter als fünf Jahre in die Zukunft planen. Produkte können sie notfalls auch kurzfristig neuen Kundenbedürfnissen anpassen.
"Wir werden die ersten deutlichen Effekte des demografischen Wandels in sieben bis zehn Jahren zu spüren bekommen", räumt auch Burkhart ein. Es hängt allerdings von der Branche ab, wie sehr das Problem drängt.
In der Autoindustrie dauern Produktzyklen zwischen fünf und sieben Jahre. Die Hersteller müssen deswegen früher die Weichen stellen als etwa Sportartikelmarken wie Adidas und Puma, die mehrmals im Jahr die Kollektionen wechseln. Alarmierter sind die Unternehmen beim Fachkräftemangel. 2025 werden rund sieben Millionen Arbeitskräfte fehlen. Vor allem im Gesundheitswesen drohen Engpässe. Ab 2030 werden laut PWC-Prognose 80'000 Stellen im ärztlichen Bereich unbesetzt bleiben.
In der Altenpflege können nur zwei Drittel des Personalbedarfs gedeckt werden. Manche Unternehmen handeln entschlossen. So haben Bosch und Siemens Programme für Manager im Ruhestand eingerichtet, die ihre Erfahrung in Projekte einbringen. Dennoch warnt Burkhart: "Alle reden davon, dass wir älter werden und es einen Fachkräftemangel geben wird. Aber nur wenige bereiten sich gezielt darauf vor." Vor allem kleine Firmen tun sich schwer.
"Grosse, internationale Unternehmen sind besser auf den demografischen Wandel eingestellt als der Mittelstand." Der hofft auf die Politik. Drei von vier Unternehmen erwarten Unterstützung bei Leistungen für Mitarbeiter wie der Kinderbetreuung und der Pflege von Angehörigen. Zwei von drei hoffen auf Hilfe bei der betrieblichen Altersvorsorge. Die Politik, sagt Burkhart, sei eine "grosse Unbekannte" in der demografischen Gleichung. Und ein Vorbild, etwa mit Demografie-Beauftragten, die bei Investitionen in Strassen oder Schulen mitreden.
"Solch klare Zuständigkeiten", so Burkhart, "brauchte es auch in Unternehmen."
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