Immunsystem als soziales System: Persönliche Bindungen schützen

Soziale Kontakte sind ein Grundbedürfnis und stärken die Psyche. Laut Wissenschaft kann Nähe sogar das Immunsystem unterstützen.

Wissenschaftliche Erkenntnisse zeigen, dass soziale Kontakte und die Zugehörigkeit zu einer Gemeinschaft nicht nur die Seele nähren, sondern auch körperliche Prozesse positiv beeinflussen können.

Die Verbindung verstehen: Immunsystem und soziale Faktoren

Um unsere Abwehrkräfte aktiv stärken zu können, ist es wichtig, das Immunsystem und seine komplexen Hintergründe zu verstehen. Neben den körperlichen Faktoren, wie z. B ausreichender Schlaf, regelmässige Bewegung oder eine ausgewogene Ernährung, und biologischen Prozessen, etwa der Produktion von Immunzellen oder der Ausschüttung von Botenstoffen können wissenschaftlichen Erkenntnissen zufolge auch soziale Bindungen sowie die Einbettung in soziale Kontexte Einfluss darauf haben, wie effektiv die Abwehrkräfte unseres Körpers uns schützen.

Wie Nähe die Gesundheit und das Wohlbefinden beeinflusst

Von der Ernährung über Bewegung bis hin zu emotionalem Stress wirken zahlreiche Faktoren auf die körpereigenen Abwehrmechanismen. Zwei dieser Faktoren sind soziale Bindung und Interaktion mit anderen. Das hat seinen Ursprung, denn: Seit Anbeginn der Menschheit war es überlebenswichtig, Teil einer sozialen Gruppe zu sein, die Schutz und Versorgung bot. Der Anthropologe Robin Dunbar zeigte, dass stabile soziale Netzwerke eine wesentliche Voraussetzung für psychische und körperliche Stabilität bilden [2].

Ein Faktor, der die psychische Stabilität beeinflussen kann, sind Veränderungen der Lebensstruktur. So machen es beispielsweise der Schritt vom Berufsleben in den Ruhestand, der Verlust von Partnerinnen oder Partnern, der Auszug der Kinder oder Veränderungen im Freundeskreis erforderlich, das persönliche soziale Gefüge grundlegend neu ordnen. Das kann Stress auslösen und das Bedürfnis nach stabilen sozialen Kontakten und emotionaler Sicherheit noch einmal verstärken.

Der stille Dialog zwischen Körper und Psyche

Die Psychoneuroimmunologie zeigt: Emotionale Zustände wirken über Botenstoffe und Hormone direkt auf die Immunabwehr.

So führt anhaltende Einsamkeit oder psychischer Stress häufig zu einer Erhöhung des Stresshormons Cortisol, das die Aktivität bestimmter Immunzellen hemmen kann [3].

Umgekehrt zeigten Studien, dass soziale Unterstützung messbare Effekte auf die Immunantwort hat [4].

Auch experimentelle Studien belegen, dass positive soziale Interaktionen die Ausschüttung von Dopamin und dem Bindungshormon Oxytocin fördern, was das Immunsystem unterstützen kann [5].

Kommunikation, Empathie und Zuwendung sind Teil des biologischen Gleichgewichts.

Soziale Isolation als unterschätzter Stressor

Soziale Isolation und Einsamkeit zählen laut einer Metaanalyse der University of Chicago zu den unterschätzten Gesundheitsrisiken moderner Gesellschaften [6].

So kann chronische Isolation zu erhöhter Entzündungsaktivität im Körper führen. Zudem beeinflusst permanente Einsamkeit den Schlaf-Wach-Rhythmus, die Herzfrequenzvariabilität und die Regeneration nach Belastungen negativ [7]. Strukturelle Isolation kann sich langfristig auf das körperliche und psychische Wohlbefinden auswirken [9].

Initiativen wie das Programm „Gesund und aktiv älter werden" empfehlen daher gezielte Unterstützungsangebote, um soziale Teilhabe als Bestandteil von Prävention und Gesundheitsförderung zu etablieren.

Soziale Bindungen können das Immunsystem unterstützen

Bisherige Ergebnisse aus der medizinischen Forschung legen die Vermutung nahe, dass regelmässige soziale Interaktionen das Immunsystem unterstützen können, indem sie Stress reduzieren und die körpereigene Homöostase stabilisieren [10].

Das kann auf vielfältige Weise geschehen:

Dabei geht es nicht um die Anzahl der Kontakte, sondern um ihre Qualität. Neurowissenschaftliche Untersuchungen zeigen, dass schon kurze empathische Begegnungen die Ausschüttung immunregulierender Botenstoffe anregen [8].

Dabei sind sie nicht als Ersatz für eine gesunde Ernährung, ausreichende Bewegung oder gezielte medizinische Massnahmen zu verstehen, sondern als begleitender Faktor.

Vielleicht ist eines der grössten Motivatoren für ein starkes Immunsystem die Freude daran, gemeinsam durchs Leben zu gehen und zu wissen, dass wir einander auf vielen Ebenen unterstützen können.

Referenzen und Hinweise auf die Forschung

  1. Kiecolt-Glaser, J. K., et al. (2021). Psychoneuroimmunology: Implications for health and disease. Annual Review of Psychology, 72, 6433671.
  2. Dunbar, R. I. M. (2020). Friends: Understanding the Power of Our Most Important Relationships. Little, Brown Spark.
  3. Hawkley, L. C., & Cacioppo, J. T. (2010). Loneliness matters: A theoretical and empirical review of consequences and mechanisms. Annals of Behavioral Medicine, 40(2), 2183227.
  4. Cohen, S., Doyle, W. J., & Skoner, D. P. (1997). Social ties and susceptibility to the common cold. JAMA, 277(24), 194031944.
  5. Uvnäs-Moberg, K., et al. (2015). Oxytocin: The biological guide to social connection. Frontiers in Psychology, 6, 194.
  6. Holt-Lunstad, J., et al. (2015). Loneliness and social isolation as risk factors for mortality: A meta-analytic review. - Perspectives on Psychological Science, 10(2), 2273237.
  7. Steptoe, A., et al. (2013). Social isolation, loneliness, and all-cause mortality in older men and women. PNAS, 110(15), 579735801.
  8. Eisenberger, N. I., & Cole, S. W. (2012). Social neuroscience and health: Neurophysiological mechanisms linking social ties with physical health. Nature Neuroscience, 15(5), 6693674.
  9. Journal of Health Monitoring 3/2023 3 Ältere Menschen in Deutschland: Einsamkeit, soziale Teilhabe, Gesundheit (Robert Koch0Institut)
  10. Psychological Stress and the Human Immune System (Segerstrom & Miller, 2004) - Meta Analyse in der National Library of Medicine

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