WEIN
Ein Glas Rotwein - Das Lieblingsmedikament
Ein oder zwei Gläser Wein am Tag sollen die Gesundheit tatsächlich stützen. In vino sanitas. Eine der grossen Freuden im dritten Alter lassen wir uns nicht nehmen.
Alkohol gilt als ungesund
Doch immer wieder lesen wir, dass insbesondere mässiger Rotweinkonsum nicht nur dem Geist, sondern auch dem Körper gut tun soll. Das wusste angeblich bereits der antike griechische Arzt Hippokrates, der das Getränk manchen Patienten als Medikament empfahl, schreibt die «Süddeutsche Zeitung».
Ist Wein gesund?
Tatsächlich gebe es eine Reihe von Studien, die darauf hindeuteten, dass gemässigter regelmässiger Konsum - also ein bis zwei Gläser Rotwein am Tag - Arteriosklerose (Arterienverkalkung) vorbeugen könnte. Damit würde der Wein vor Herzkreislaufkrankheiten und Herzinfarkt schützen. Selbst das Krebsrisiko könne Rotwein angeblich verringern. Darüber hinaus soll er das Immunsystem schützen können. Gemäss weiteren wissenschaftlichen Studien beuge das Getränk sogar Alzheimer vor.
Die Wissenschaft stützt sich einerseits auf Tierversuche. Andererseits weisen die Forscher gern auf das sogenannte französische Paradoxon hin: Obwohl die Menschen in einigen Regionen Frankreichs fetthaltige Nahrung zu sich nehmen und auch auf Zigaretten nicht verzichten, ist die Sterblichkeit an Herz-Kreislaufkrankheiten dort relativ gering.
Das Besondere: Die Bewohner dieser Gegenden würden sich regelmässig Rotwein zum Essen gönnen, wie die Zeitung schreibt. Demnach hebe das alkoholische Getränk die nachteiligen Wirkungen der ungesunden Lebensweise zumindest teilweise auf.
Bei den positiv wirkenden Bestandteilen handle es sich zum einen um sogenannte Polyphenole, die als Anti-Oxidantien freie Radikale unschädlich machten, welche die Körperzellen schädigten. Insbesondere Procyanidin verhindere offenbar die Verhärtung der Arterien. Dazu komme Resveratrol, das zumindest im Mäuseversuch das Herz jung gehalten habe, wie Forscher der University von Wisconsin-Madison und der University of Florida in Gainesville vergangenes Jahr berichteten. Resveratrol bremse angeblich auch die Entwicklung einer Fettleber, erhöhe den Spiegel des guten HDL-Cholesterins, hemme die Viren-Vermehrung und bremse die Entwicklung von Krebs.
Allerdings sei noch keiner dieser Effekte in klinischen Studien nachgewiesen worden. In mindestens einer Reagenzglas-Studie habe der Stoff das Wachstum von Brustkrebszellen sogar stimuliert. Auch bezweifelten manche Forscher, dass die Polyphenole im Körper grosse Wirksamkeit entfalten könnten, bevor sie abgebaut würden. Nicht alle Rotweine würden gleich positiv wirken.
Besonders effektiv scheinen dunkle Rotweine zu sein, insbesondere solche aus der Rebsorte Tannat, die in kleinen Anbaugebieten in Südwestfrankreich und auf Sardinien auf traditionelle Weise verarbeitet werden. Das bedeute ein mehrwöchiges Keltern im Unterschied zur modernen einwöchigen Gärung.
Einiges spricht demnach dafür, dass der mässige Konsum von Rotwein möglicherweise gesundheitsfördernd sei. Eine klinische Studie, die dies belege, stehe noch aus. Über die notwendige Menge lasse sich auch nur spekulieren. Muss es überhaupt Rotwein sein, um der Gesundheit etwas Gutes zu tun? Was ist mit Weisswein? Der werde aus dem Saft der Beeren gewonnen, und nicht, wie Rotwein, aus der ganzen Traube inklusive Schale.
Deshalb enthalte Weisswein die gesundheitsfördernden Substanzen nur in geringen Mengen. Die sässen nämlich in der Traubenhülle und den Kernen. Beide Weinsorten würden aber Alkohol enthalten - und der sei bekanntlich ungesund.
Mit einer Weinempfehlung täten sich Gesundheitsfachleute deshalb schwer. Himbeeren, Maulbeeren, Erdnüsse und andere Pflanzen würden ebenfalls Resveratrol enthalten. Doch auch dort sei völlig unklar, welche Mengen man konsumieren müsste, um positive Effekte zu erhalten.
Fazit:
Wer will, dürfe sich vermutlich guten Gewissens täglich ein bis zwei Gläser dunklen Rotwein gönnen - und tue damit seiner Gesundheit vielleicht sogar tatsächlich etwas Gutes, bilanziert die «Süddeutsche Zeitung». Am besten hält man es mit Paracelsus. Die Dosis macht das Gift. Und auch das Heilmittel.
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