Selbsteinschätzung und Training prägen die Sicherheit

Segeln ist auch ab 50 ein Erlebnis. Studien zeigen: Erfahrung schützt nicht vor Fehlern. Warum Training, Vorbereitung und Selbsteinschätzung wichtig sind.
Training und gute Vorbereitung sind auch für Senioren  wichtig.
Training und gute Vorbereitung sind auch für Senioren wichtig. – (Bild von Olle August auf Pixabay)

Die Freude am Segeln ist zeitlos. Viele Menschen entdecken die Faszination des Wassers erst nach dem Berufsleben, wenn mehr Freizeit bleibt. Das Mittelmeer, aber auch deutsche Gewässer wie Bodensee oder Ostseeküste, sind dann Orte der Erholung. Besonders die Generation 50+ schätzt den Mix aus Natur, Gemeinschaft und sportlicher Herausforderung.

Doch so unbeschwert das Bild vom entspannten Törn auch wirkt – die Realität kennt Schattenseiten. Jahr für Jahr ereignen sich Unfälle, teils mit tödlichem Ausgang. Zwar sind nicht alle durch Segeln verursacht, doch die Ereignisse mahnen: Auf dem Wasser reichen Technik und Erfahrung nicht immer aus, wenn Vorbereitung oder Selbsteinschätzung fehlen.

Unfallstatistiken und Realität auf dem Wasser

Während in jungen Jahren Leichtsinn und Übermut die häufigsten Ursachen sind, zeigt sich ab 50 nicht selten eine andere Risikolage. Medizinische Faktoren wie Kreislaufprobleme, reduzierte Reaktionsgeschwindigkeit oder schwindende Kraft spielen eine grössere Rolle. Schon ein Wetterumschwung, der für jüngere Segler zwar fordernd, aber handhabbar wäre, kann ältere Skipper schnell an ihre Grenzen bringen.

Besonders tückisch sind Situationen, die langsam beginnen: eine unterschätzte Strömung, ein schleichender Schwindelanfall, ein erschöpfter Mitsegler. Im Ernstfall eskalieren solche Szenarien binnen Minuten – und machen aus Routine eine Gefahr.

Was eine aktuelle Studie offenlegt

Eine Studie zum Thema Sicherheit auf dem Wasser im Freizeit- und Sportbootbereich verdeutlicht, warum Unfälle so oft mit menschlichen Faktoren zusammenhängen. Besonders spannend:

  • Selbstbild und Fremdbild klaffen auseinander: 83 % der Befragten sind überzeugt, ihr eigenes Risikoverhalten realistisch einzuschätzen. Aber nur 45 % trauen das auch anderen zu. Die Forscher sprechen von einem „Bias blind spot“ – einer kognitiven Verzerrung, die besonders auf See gefährlich wird.
  • Wissen allein schützt nicht: 90 % halten Rettungswesten für unverzichtbar, doch nur rund die Hälfte überprüft ihre Ausrüstung regelmässig. Der Rest vertraut darauf, dass sie „schon funktionieren wird“.
  • Soft Skills fehlen: Über 60 % halten psychologische Kompetenzen wie Crew-Kommunikation oder Entscheidungsverhalten unter Stress für wichtig. Doch nur ein Drittel sieht diese ausreichend in der Ausbildung berücksichtigt.

Segeln ab 50: Chancen und Herausforderungen

Ab 50 verändert sich der Körper spürbar. Gleichgewicht, Kraft und Ausdauer lassen nach, auch die Augen reagieren empfindlicher auf wechselndes Licht. Gleichzeitig bringt diese Generation eine enorme Stärke mit: Erfahrung. Wer seit Jahrzehnten segelt, hat Gewitterfronten erlebt, Flauten ausgehalten und Manöver perfektioniert.

Doch genau hier liegt die Falle: Routine kann den Blick schärfen – oder abstumpfen. Manche verlassen sich auf ihr Bauchgefühl, anstatt Wetterdaten zu prüfen. Andere verzichten auf die Rettungsweste, weil „es doch immer gut gegangen ist“. Studien zeigen, dass gerade erfahrene Skipper Gefahr laufen, ihre eigene Aufmerksamkeit zu unterschätzen.

Auf der anderen Seite haben Ältere einen Vorteil: Sie wissen, wie wichtig Gelassenheit ist. Ein ruhiger, überlegter Kapitän gibt Sicherheit – vorausgesetzt, er überschätzt seine Fähigkeiten nicht.

Ausbildung neu gedacht – auch für Routiniers

In Österreich und Deutschland wächst die Zahl der Bootsführerscheine seit Jahren. Doch wie sinnvoll ist die Ausbildung für Menschen, die bereits seit Jahrzehnten segeln? Die Studie macht klar: Auffrischungskurse sollten Pflicht werden. Viele Befragte wünschen sich praxisnahe Trainings, Simulationen und verpflichtende Wiederholungen im Abstand von fünf Jahren.

Besonders vielversprechend sind hybride Ausbildungsmodelle. Dabei wird Theorie online vermittelt – flexibel und bequem von zu Hause aus –, während Praxistage auf dem Wasser den Ernstfall trainieren. Diese Kombination macht Ausbildung leichter zugänglich und sorgt gleichzeitig dafür, dass Sicherheitsstandards einheitlich hoch bleiben. Für Seglerinnen und Segler ab 50 bedeutet das: Wissen auffrischen, ohne den Komfort aufzugeben – und zugleich das Vertrauen der Crew zu stärken.

Praktische Tipps für mehr Sicherheit

Neben Ausbildung und Training gibt es einfache Schritte, die sofort wirken:

  • Vorbereitung zählt: Vor jedem Törn sollten Wetterprognosen, persönliche Tagesform und die Ausstattung geprüft werden. Kleine Checklisten helfen, nichts zu vergessen.
  • Crew-Briefing: Auch im Kreis von Familie oder Freunden sollte kurz geklärt werden, wer im Notfall was tut. Eine Minute Absprache kann im Ernstfall Leben retten.
  • Rettungswesten tragen: Nicht nur an Bord haben, sondern konsequent nutzen – unabhängig vom Gewässer oder der Bootsgrösse.
  • Gesundheit im Blick: Regelmässige ärztliche Checks, besonders Herz-Kreislauf, erhöhen die Sicherheit. Wer Medikamente einnimmt, sollte prüfen, wie sie sich auf Reaktion und Kreislauf auswirken.
  • Auffrischung nutzen: Selbst erfahrene Skipper profitieren von wiederholten Manöverübungen – sei es „Mann über Bord“ oder das korrekte Absetzen eines Notrufs.

Fazit: Gelassen das Wasser geniessen – aber bewusst

Segeln ist gerade für die Generation 50+ mehr als Sport – es ist Lebensqualität, Freiheit und Gemeinschaft. Doch die Erfahrung zeigt: Selbst erfahrene Skipper sind nicht vor Fehlern gefeit.

Die aktuelle Studie bestätigt, was viele ahnen: Erfahrung allein schützt nicht. Selbstüberschätzung, fehlende Routine in Notfällen und mangelnde Vorbereitung sind die grössten Risikofaktoren. Wer dagegen auf praxisnahe Übungen, psychologische Kompetenz und regelmässige Auffrischungen setzt, erhöht die Sicherheit deutlich.

Das Schöne: Sicherheit schmälert nicht den Genuss, sondern verstärkt ihn. Wer weiss, dass er vorbereitet ist, segelt entspannter – und kann den Moment auf dem Wasser in vollen Zügen geniessen.


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